Cybercrime: Viele Österreicher wollen Gefahr nicht sehen

Die Anzahl der Anzeigen wegen Cyber-Kriminalität stieg 2016 laut Bundeskriminalamt um 30,9% auf 13.000 Fälle, die Dunkelziffer ist hoch. In einer gemeinsamen Pressekonferenz präsentierten der österreichische Versicherungsverband VVO, das Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) und Experten von KPMG die neuesten Entwicklungen rund um das Thema.

„Jeder Internetnutzer kann heute von Cybercrimedelikten betroffen sein – auch wenn das viele Menschen und ganze Unternehmen nicht sehen wollen“, sagt Dr. Wolfram Littich, Vorstandsvorsitzender der Allianz Gruppe in Österreich und Vizepräsident des VVO. „Die größte Schwachstelle ist und bleibt der Mensch selber.“ Jährlich werden dadurch in Österreich Schäden von mehreren Millionen Euro verursacht, so Littich.

Mindestens eine Million Österreicher geschädigt

Die Dunkelziffer der Cybercrime-Fälle ist laut einer aktuellen Erhebung des KVF unter 2.400 Personen hoch. So geben 24% der Befragten an, in den letzten Jahren Opfer von Cyber-Kriminalität geworden und dabei geschädigt worden zu sein. Auf die webaktive Bevölkerung hochgerechnet (rund 4,2 Mio. Menschen in Österreich) bedeutet das: mindestens 1 Mio. Menschen wurden durch zumindest ein einmaliges Vorkommnis finanziell oder psychisch in den letzten Jahren geschädigt.

„Nach Angaben der Betroffenen wurden die meisten finanziellen Schäden in den letzten Jahren durch Viren und Lieferbetrug bei den Betroffenen verursacht“, erklärt Dr. Othmar Thann, Direktor des KFV. Besonders hoch ist der finanzielle Schaden laut Studie bei Diebstählen von sensiblen Daten (Identitätsdiebstahl), der sich auf rund 1.200 Euro beläuft. Auch wer Opfer eines Internet-Betrugs wurde, trägt mitunter hohe finanzielle Schäden davon.

72% durch Cyber-Vorfall psychisch belastet

Eine Schadensumme von durchschnittlich 480 Euro wird von den Betroffenen genannt. Abgesehen von den finanziellen Auswirkungen geben 72% der Cybercrime-Opfer in der Befragung eine starke bis mittlere seelisch-emotionale Beeinträchtigung durch einen Vorfall an. Den stärksten psychischen Beeinträchtigungsgrad zeigen Opfer von psychischer Integrität (Mobbing) und Identitätsdiebstahl.

Cyber-Security muss „Chefsache“ werden

Dass Cyberkriminalität nicht nur Privatpersonen betrifft, verdeutlicht eine aktuelle KPMG-Studie. Darin geben 30% der befragten Unternehmen an, schon einmal durch ein Cybercrime-Delikt geschädigt worden zu sein. „Sowohl Klein- und Mittelbetriebe als auch die großen Konzerne müssen ihr Bewusstsein in Bezug auf Cybersicherheit noch schärfen“, betont Andreas Tomek, KPMG Partner im Bereich Advisory. „Unternehmen benötigen eine ganzheitliche Perspektive, um sich den Herausforderungen der Cyberkriminalität wirksam stellen zu können.“ Gefragt sei ein Ansatz, der Menschen und Prozesse genauso berücksichtigt wie Technologien. Nur wenn Cyber-Security „Chefsache“ werde, können sich Unternehmen langfristig wehren.

 

Haftungsstreit nach Baustellen-Unfall

Verletzt sich ein auf einer Baustelle tätiger selbständiger Unternehmer wegen einer unzureichend abgesicherten Gefahrenquelle, hat der Bauherr dafür einzustehen. Den Verletzten trifft jedoch wegen seines unvorsichtigen Verhaltens eine Mitschuld, urteilte der Oberste Gerichtshof (OGH).

Ein Gastwirt ließ als Bauherr Personalwohnungen errichten. Dafür bestellte er einen Baumeister, der die Arbeiten koordinieren und für Sicherheit auf der Baustelle sorgen sollte. Dieser gab die Anweisung, einen Lichtschacht absturzsicher abzudecken. Dabei muss die Abdeckung so fest sein, dass sie nicht verschoben werden kann. Die daraufhin getroffenen Sicherheitsmaßnahmen entsprachen allerdings nicht den gegebenen Vorschriften.

So kam es auch zu dem Unfall eines selbstständiger Unternehmers, der auf der Baustelle mit Betonbohrarbeiten beauftragt war. Weil die Betonstiege verstellt war, nahm er den Weg über die Abdeckung, um an seine Arbeitsstelle zu gelangen. Dabei rutschten die Abdeckbretter weg, er fiel vier Meter in die Tiefe und verletzte sich schwer.

Wen trifft die Schuld – Bauherr, Kläger oder beide?

Der verletzte Unternehmer brachte nun Klage gegen den Gastwirt ein. Dieser bestritt seine Haftung vor allem mit der Begründung, er habe einen Baustellen-Koordinator bestellt. Zudem sei der Kläger am Unfall selbst schuld, da er diesen durch unvorsichtiges Verhalten herbeigeführt habe.

Das Erstgericht sprach sich für eine um 50% geminderte Haftung des Bauherren aus, da den Kläger eine Mitschuld treffe. Das Berufungsgericht wies die Klage hingegen zur Gänze ab, weil sich der Kläger in eine offensichtliche Gefahr begeben habe und damit eine Verletzung von Fürsorgepflichten des Bauherrn ausscheide.

OGH: Mitschuld des verunfallten Unternehmers

Der Oberste Gerichtshof (1 Ob 174/16v) stellte die erstgerichtliche Entscheidung wieder her. Die Bestellung eines Baustellenkoordinators könne den Bauherrn nur gegenüber geschädigten Arbeitnehmern von seiner Haftung befreien. Verletzt sich ein selbstständiger Unternehmer, treffe den Bauherrn die allgemeine Fürsorgepflicht. Ihm seien auch Unterlassungen des Baustellen-Koordinators zuzurechnen.

Ein Alleinverschulden des Klägers steht für den OGH schon deshalb nicht zur Debatte, weil für ihn keineswegs offensichtlich war, dass die Abdeckung bei einem Betreten wegrutschen könnte. Allerdings treffe ihn ein Mitverschulden, weil es ihm auch möglich gewesen wäre, den sichereren Weg über die Stiege zu nehmen und den dort befindlichen Hindernissen auszuweichen