OGH: Haftet der Arzt für falsch gemischtes Medikament?

Eine falsch gemischte Lösung führte zu Verätzungen bei der Patientin. Zweifellos ein Fehler der Apotheke, doch kann auch der Arzt dafür haftbar gemacht werden?

Was war geschehen? Der Patientin wurde 2014 beim HNO-Arzt die Nasenschleimhaut verätzt, weil im Mittel, das als Oberflächenanästhetikum verwendet wurde, irrtümlicherweise Alkohol enthalten war. Eigentlich sollte die Pantocain-Lösung mit destilliertem Wasser hergestellt werden, stattdessen bestand sie zu 96% aus Alkohol.

 

Auf der Flasche der von der Apotheke falsch gemischten Lösung stand groß der Name der Arznei mit „2% PANTOCAIN LÖSUNG“. Aus der kleiner gedruckten Zutatenliste ging hervor, dass es sich um eine Lösung mit Alkohol in hoher Konzentration handelte. Es war das erste Mal seit 2009, dass die Apotheke dem HNO-Arzt das falsche Mittel lieferte.

24.000 Euro Schadenersatz – Arzt hat sich auf richtiges Mittel verlassen

Nun forderte die Patientin insgesamt knapp 24.000 Euro an Schmerzensgeld, Heilungskosten und für ihre Barauslagen. Der Arzt habe fahrlässig nicht auf das Etikett geachtet, das die Apotheke auf der Flasche angebracht hatte. Dieser entgegnete jedoch, er habe sich darauf verlassen können, dass die Lösung entsprechend seinem Rezept korrekt zusammengesetzt war.

OGH: Arzt muss Flasche im Vorfeld prüfen

Weder vor dem Erst- noch vor dem Berufungsgericht war die Patientin mit ihrer Klage erfolgreich. Der Oberste Gerichtshof (OGH) sah das hingegen anders als die Vorinstanzen. Er führte aus, dass es „keine Überspannung des gebotenen Sorgfaltsmaßstabs bedeutet, wenn der Arzt die ihm auf der Arzneiflasche zur Verfügung stehenden Informationen vor dem Einsatz der Arznei überprüft.“ In diesem Fall hinderte den Arzt nichts daran, einen kurzen Blick auf die Flasche zu werfen, bevor er sie verwendete.

Sorgfalt vor allem bei magistralen Rezepturen wichtig

Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass er mit der Arznei noch keinerlei negativen Erfahrungen gemacht hat. Der OGH verweist außerdem auf die Apothekenbetriebsordnung 2005: Demnach muss ein Facharzt jedenfalls vor der erstmaligen Anwendung eines Mittels prüfen, ob der Inhalt seiner Verschreibung entspricht. Gerade bei magistralen Zubereitungen dürfe er sich nicht darauf verlassen, dass seiner Vorschreibung entsprochen wurde.

Laut OGH (4 Ob 42/16d) haften nun auch der Arzt und seine Versicherung für die Folgen der Verätzung. Wie hoch die Summe sein wird, hat die Unterinstanz noch zu klären.